Berufung

UBB ist eine Einrichtung der universitären Bildung, deren Berufung es ist, in der lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Gemeinde die Entwicklung bestimmter kultureller Komponenten zu fördern und zu unterstützen.

Im heutigen Kontext handelt es sich um folgende Komponenten:

  • Eine Kultur der Aktion, begründet auf die systematische und innovative Erkenntnis;
  • Eine Kultur der persönlichen und sittlichen Entwicklung;
  • Eine Kultur des permanenten und innovativen Lernens;
  • Eine Kultur der proaktiven und der partizipativen Haltung;
  • Multikulturalität, interkultureller und interkonfessioneller Dialog;
  • Eine Kultur der persönlichen Entwicklung;
  • Kultur der wissenschaftlichen und technologischen Kompetenz, die organisatorische und bürgerliche Kompetenz;
  • Eine Kultur der Integration in die Diversität und der Globalisierung, unter den Bedingung der Respektierung der Identität und der Reziprozität

 

Der multikulturelle Charakter

"Die Babeș-Bolyai-Universität ist ein exzellentes Beispiel für das, was wir in Europa zu schaffen beabsichtigen: eine Zusammenarbeit zwischen den Völkern, Kulturen und Sprachen, jenseits ihrer Herkunft und Konfession".

Angela Merkel
10. Oktober 2010, Ansprache der Bundeskanzlerin zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der Babeș-Bolyai Universität

Die Babeș-Bolyai-Universität ist die älteste, und auch angesehenste Universität Rumäniens. Ihre Anfänge reichen bis in das Zeitalter der Renaissance zurück und stehen unter dem Zeichen des Multikulturalismus: ein ungarischstämmiger Fürst Siebenbürgens, Stephan Báthory, welcher inzwischen auch König Polens (eigentlich der polnisch-litauischen Union) wurde, hatte, auf die Initiativen des italienischen Jesuitenmönchen Antonio Possevino, in Vilnius (die Hauptstadt des heutigen Litauen) im Jahr 1581 die Gründungsurkunde des Klausenburger Kollegium Major (ein Kollegium höheren Ranges, gleichrangig mit den Universitäten in den deutschen Ländern, Frankreich oder Italien) unterzeichnet. Der erste Rektor kam aus Polen, die Professoren waren Italiener, Polen, Ungarn oder Deutsche, die Studierenden gehörten den verschiedensten Konfessionen und Ethnien an; zu diesen zählte später auch der orthodoxe rumänische Fürst Nicolae Pătrașcu, Sohn und Erbe des mächtigen Wojwoden und Fürsten Michael dem Tapferen. Die Vorlesungen wurden an dieser Universität, im Laufe der Zeit, auf Latein, Ungarisch, Deutsch, und – nach dem Ersten Weltkrieg – auch auf Rumänisch oder in anderen internationalen Sprachen veranstaltet. Die nationalistischen Irrwege und Übertreibungen, welche die Geschichte der Neuzeit aber auch die Neuere Geschichte kennzeichnet haben, das Schwanken zwischen Akzeptanz und Ausgrenzung, zwischen reeller und formeller Toleranz, das überall in der Welt vorgekommen ist, haben auch unsere Universität nicht verschont. Immer wieder aber – auch in schwierigen Zeiten – hat sich unsere Universität ihrer Berufung als „gütige Mutter” (alma mater napocensis) für alle diejenigen erwiesen, welche sich unter dem Zeichen der Wissenschaft und der Tugenden (litteris et virtuti) zusammengefunden haben.

Die Universitäten wurden überall in Mittel- und Osteuropa, vornehmlich während der Neuzeit, zu Verfechtern der Ideen der nationalen Befreiung und der Schaffung nationaler Einrichtungen. Sie waren diejenigen Institutionen, welche, mittels ihrer geistigen Kraft die Entwicklung der Nationen und Staaten vorgezeichnet haben. Diese Rolle wurde bis  heute nicht aufgegeben, weil Sprachen, Konfessionen, Traditionen und Kulturen der verschiedenen Nationen Teil des Erbes der Menschheit sind, geschützt und gefördert gehören, je nach dem eigenen Spezifikum, mit einer Bedingung aber: Das Spezifikum der einen Gruppe muss durch Dialog mit den anderen Gruppen beschützt und behauptet werden, mittels des gegenseitigen Kennens und Achtens, durch eine wirkliche und allen zugute kommenden Interferenz.

Die institutionelle Geschichte der Babeș-Bolyai Universität spiegelt die gesamte kulturelle, wissenschaftliche und konfessionelle Tradition Siebenbürgens wieder– ein Ort, wo, zum ersten Mal in Europa das Prinzip der religiösen Toleranz schon im 16. Jahrhundert gesetzlich festgeschrieben wurd. Dies ist ein Ereignis, das die notwendigen Grundlagen für die Entwicklung eines angemessenen multikulturellen und mehrsprachigen Programms geschaffen hat, welches sowohl den rumänischen Gesetzen, als auch den europäischen Werten und Richtlinien entspricht. Durch die jüngst erfolgte Annahme des Multikulturalismus als Grundlage ihres Wirkens führt die Babeș-Bolyai-Universität Traditionen fort und wirkt zur Verwirklichung von Visionen, die zur Gründung des vereinten Europa geführt haben.

Die sprachliche und kulturelle Vielfalt sind definitorische Bestandteile der Babeș-Bolyai Universität und stellen die Besonderheit dar, welche sie im rumänischen wie auch im europäischen akademischen Milieu von anderen Universitäten unterscheidet. Das durch die Babeș-Bolyai-Universität umgesetzte Projekt der Multikulturalität ist, auch nach Aussage führender europäischer Persönlichkeiten, zu einem Modell auf kontinentaler Ebene geworden. Das multikulturelle Erbe und die multikulturelle Gemeinschaft Siebenbürgens werden von der Babeș-Bolyai Universität anerkannt  und gefördert. Die Universität widerspiegelt in ihrem administrativen Aufbau die multikulturelle Struktur Siebenbürgens und die Einheit in der Vielfalt der Europäischen Union. Die multikulturelle Dimension ist kein Zweck als solcher, sondern eine angenommene Option der institutionellen Entwicklung, mittels welcher die Babeș-Bolyai Universität den geeigneten Rahmen schafft, in dem Exzellenz in Lehre und Forschung sowie Visionen, die der lokalen Gemeinschaft und der Gesellschaft im Allgemeinen dienen, entwickelt werden.

In der nur kleinen Familie der vielsprachigen und multikulturellen Universitäten Europas zeichnet sich die Babeş-Bolyai-Universität durch die Tatsache aus, dass ihre Charta je eine rumänisch-, ungarisch- und deutschsprachige Studienrichtung vorsieht, und dass diese über eine eigene Vertretung und Autonomie in ihren Entscheidungen auf jeder Ebene (Department, Fakultät, Universität) verfügen. Somit gewährleistet und garantiert die Babeș-Bolyai Universität das sprachliche Spezifikum nicht nur im Verlauf der Lehre, sondern auch in die Art und Weise, in welcher diese koordiniert wird. In sprachlicher Hinsicht hat die Babeș-Bolyai Universität eines der komplexesten Systeme Europas: jeder Studierende wählt frei die Sprache des Studiums (Rumänisch, Ungarisch, Deutsch oder eine andere internationale Sprache), und der Unterricht findet in der gewählten Sprache statt. Die multikulturelle Entwicklung ist auch dadurch institutionell gewährleistet, dass die Struktur der Universität gemäß der drei großen Studienrichtungen (rumänisch-, ungarisch- und deutschsprachige) organisiert ist. Im Rahmen der  Fakultäten der Universität (mit Ausnahme von vier Fakultäten, wo es keine ungarisch- oder deutschsprachigen Studienrichtungen gibt, und zweier Fakultäten, an welchen keine rumänischsprachige Studienrichtung existiert), ist einer der Vizedekane mit der Koordinierung des betreffenden Studiengangs beauftragt. Im Rektorat ist die ungarische bzw. deutschsprachige Studienrichtung durch je einen Vizerektor vertreten. In der Verwaltung ist je ein stellvertretender Generalsekretär des Rektorats für die betreffende Studienrichtung im Rektorat zuständig.  Im Senat der Universität werden die Studienrichtungen durch je einen Vizepräsidenten des Senats vertreten.

Im Universitätssenat werden Gruppen der Vertreter der Studienrichtungen gebildet, die mit der Vorbereitung von Senatsbeschlüssen beauftragt sind. Die stellvertretenden Vorsitzenden des Senats, welche durch geheime Abstimmung von den Senatsmitgliedern der jeweiligen Studienrichtung gewählt werden, leiten die Tätigkeit ihrer jeweiligen Gruppe. 

Gleichermaßen funktioniert im Universitätssenat eine Kommission für interkulturellen Dialog. Diese macht Vorschläge zu Strategien und Modalitäten der Festigung des multikulturellen Charakters der Babeș-Bolyai Universität, zur Harmonisierung der Tätigkeiten der Studienrichtungen im einheitlichen Rahmen der Universität, und begleitet die Tätigkeit der mit der Leitung der betreffenden Studienrichtungen beauftragten Vizerektorate.

Der erwähnte multikulturelle Aufbau widerspiegelt sich auch in den Graduierten- und Postgraduiertenprogrammen, sowie im Netzwerk der 12 universitären Außenstellen aus Siebenbürgen. Die Studierenden der rumänisch-, ungarisch- und deutschsprachigen Studienrichtungen können sich aktiv an allen durch die Universität veranstalteten Tätigkeiten beteiligen und stimmen über die Wahl ihrer Vertreter in den Professorenräten und im Senat der Babeș-Bolyai Universität ab. Es wird immer deutlicher, dass das Prinzip der Multikulturalität mehr und mehr durch das Prinzip der Interkulturalität im Rahmen der Babeș-Bolyai Universität gestärkt wird. Dieses Prinzip gründet sich auf das gegenseitige Annehmen und Vertreten von Werten der jeweiligen Gruppen.

Ein solcher integrierter und gleichermaßen distinkter Aufbau verfolgt in allen Aspekten gleichzeitig die Gründungsidee der Universitäten – als Gemeinschaften der Lehrenden und Studierenden - als auch den Sinn und Zweck der Europäischen Union – die Behauptung des interkulturellen Dialogs, die Konservierung der Identität eines jeden Volkes, begründet auf gegenseitige Achtung. Die Lehrenden und Studierenden der Babeș-Bolyai Universität sind überzeugt, dass in der gegenwärtigen europäischen Atmosphäre die Bewahrung der Gruppenidentität ohne gegenseitiges Kennen und Schätzen  nicht erreichbar ist. Dies setzt gegenseitige Rezeption und gegenseitiges Verständnis voraus, und  ist ausschliesslich gemeinsam, mittels Dialog und Kommunikation realisierbar. Gegenseitige Rezeption und gegenseitiges Verständnis schaffen die Bedingungen sowohl für die Behauptung der Interessen der jeweiligen Gruppen als auch der Gemeinschaft als Ganzes.